Der Angriff der roten Gummibären – ein Lehrstück aus dem blauen Paralleluniversum
Es gibt Skandale, die erschüttern Demokratien. Und es gibt jene, die nur die FPÖ erschüttern – innerlich, medial und nach außen mit maximalem Schaumbildungspotenzial. Diesmal war der Anlass besonders dramatisch: In einem bislang beispiellos perfiden Akt der politischen Einflussnahme hat die SPÖ – haltet Euch fest – am Wahltag in Floridsdorf Gummibärchen verteilt. An Kinder. Mit SPÖ-Logo. In der Nähe eines Wahllokals! Man hört die Demokratie förmlich wanken.
Was war geschehen? Am Sonntag, dem Tag der Bezirksvertretungswahl in Floridsdorf, verteilte die SPÖ kleine Packungen Gummibärchen im öffentlichen Raum – nicht im Wahllokal, nicht an Wählerinnen und Wähler mit Stimmzettel in der Hand, sondern auf der Straße, wie es bei Wahlkampfaktionen seit Jahrzehnten üblich ist. Die FPÖ sah darin einen „massiven Wahlverstoß“ und witterte gar einen „Skandal“. Juristisch ist der Fall allerdings rasch erklärt: Solche geringwertigen Give-aways gelten laut Rechtsprechung nicht als verbotene Wahlbeeinflussung. Keine Bestechung, kein Gesetzesbruch, nur eine Portion Fruchtgummi und viel blauer Furor.
Doch darum geht es natürlich nicht. In Wirklichkeit ist das hier ein Paradebeispiel für politische Theaterkunst der Kategorie Aufmerksamkeitsmaximierung unter Einbeziehung eines imaginären Feindes. Die FPÖ schreit Skandal!, die Medien berichten brav, die SPÖ darf sich rechtfertigen, und ein Teil der Öffentlichkeit denkt sich: „Naja, irgendwas wird schon dran sein.“ Mission accomplished.
Denn selbst wenn sich am Ende nichts strafrechtlich Relevantes ergibt – was angesichts der bisherigen Judikatur praktisch ausgeschlossen ist – bleibt bei manchen immer etwas hängen. Und zwar nicht am Gummibärchen, sondern an der Gegenseite. Irgendein dunkler Schatten, ein kleiner Beigeschmack, ein „Die machen doch alle Tricks“. Genau das ist der Effekt, auf den solche Vorstöße zielen: Stimmung machen. Nicht wegen eines Rechtsbruchs, sondern wegen eines Rechtsempfindens, das man vorher selbst aufgeheizt hat.
Gleichzeitig wird der Opfermythos gepflegt: „Wir, die FPÖ, werden unfair behandelt, während die anderen alles dürfen.“ Und aus diesem selbstgestrickten Elendsbild bastelt man sich dann das Recht zur Empörung. Laut, schrill, medienwirksam. Dass man dabei selbst tief im Zuckerlglas sitzt – geschenkt.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Wer keine Inhalte hat, macht halt Gummibärchen zur Schlagzeile. Und wer mit dem Begriff „Skandal“ inflationär um sich wirft, entwertet ihn – bis er irgendwann nicht mehr greift, selbst wenn wirklich etwas passiert. Das ist das eigentlich Fatale: Nicht die Bärchen. Sondern die Banalisierung des Politischen durch kalkulierte Empörung.
Und so bleibt der Angriff der roten Gummibären vor allem eines: ein süßer, klebriger Beweis dafür, wie sehr manche Parteien bereit sind, aus jedem Zuckerl eine Staatskrise zu kneten – solange es für ein paar Schlagzeilen reicht.
Quellen und Literatur:
Österreichisches Strafgesetzbuch § 264 – Wahlbeeinflussung
OGH-Entscheidungen zu geringwertigen Wahlgeschenken
https://www.derstandard.at/story/3000000267616/spoe-gummibaerli-am-wahltag-an-kinder-verteilt-fpoe-ortet-wahlskandal-was-koennte-drohen
https://www.jusline.at/gesetz/stgb/paragraf/264
Bild KI-generiert
Kommentare
Kommentar veröffentlichen